Oberschule Ebstorf

Lehrkraft Ruth Heinrich berichtet:

»Mit drei Aktionen machten sich Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrerinnen und Lehrer der Oberschule Ebstorf erneut für mehr Vielfalt stark und setzten darüber hinaus ein eindrucksvolles Zeichen für das Gedenken im 2. Weltkrieg gefallener russischer Soldaten sowie der von den Nazis ermordeten Jüdin Anne Frank. Die Beschäftigung mit dem Lebenslauf von Anne Frank ist Teil eines bundesweiten Aktionstages gegen Rassismus und Antisemitismus und findet seit dem 12. Juni – dem Geburtstag von Anne Frank - in mehreren Blöcken als projektorientierter Unterricht statt.

Dabei erarbeiteten sich die Schülerinnen und Schüler vor dem Hintergrund einer Plakat-Ausstellung, einer eigens für das Projekt konzipierten Zeitung sowie eines Films und diverser Audio-Einspielungen den Lebenslauf von Anne Frank, die nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten Deutschland Richtung Niederlande verließ und sich dort mehr als zwei Jahre lang vor den Nazis versteckte. In dieser Zeit bis zur ihrer Deportation nach Bergen-Belsen schrieb Anne Frank ihr weltberühmtes Tagebuch. Sie ist eines von sechs Millionen Opfern des Holocaust.

Parallel zum Anne-Frank-Projekt fuhr eine Delegation von ehemaligen Schülerinnen und Schüler der Oberschule gemeinsam mit zwei Lehrkräften nach Hörsten, einem etwa einen Kilometer von der Gedenkstätte Bergen-Belsen gelegenen Kriegsgefangenen-Friedhof, der letzten Ruhestätte für etwa 20 000 sowjetische Kriegsgefangene. Am dortigen Mahnmal legten die Schülerinnen und Schüler in einer feierlichen Zeremonie selbst gefertigte Ziegeltafeln mit den Namen der Opfer des Kriegsgefangenenlagers nieder. Die Tafeln hatten die Schülerinnen und Schüler zuvor im Rahmen des Geschichtsunterrichts erstellt. Initiiert und begleitet wurde das Projekt »Wir schreiben eure Namen« vom Verein Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK) und der Arbeitsgemeinschaft Bergen-Belsen e.V..

Zum Hintergrund: Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 wurden viele tausende Rotarmisten als Kriegsgefangene nach Deutschland gebracht und in sogenannten »Russenlagern« eingesperrt. Solche Lager entstanden auch in der Lüneburger Heide: in Wietzendorf, in Oerbke und in Bergen-Belsen. Die Behandlung der Kriegsgefangenen war – entgegen allen internationalen Abkommen – unmenschlich: Stacheldraht, Wachtürme, offene Latrinen, keine Unterkünfte, nur Erdhöhlen, unzureichende Ernährung! Unter diesen verheerenden Bedingungen starben allein im Lager Bergen-Belsen im Winter 1941/42 ca. 14 000 Menschen. Sie wurden auf einem in der Nähe des Lagers eingerichteten Friedhof in Massengräbern verscharrt und noch im Tode jeder Menschenwürde beraubt, ohne Kennzeichnung der Grab Lage, ohne Nennung ihrer Namen. Als »unbekannte Tote« galten sie noch bis nach 1990. Erst mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion trat eine Änderung ein. Man fand in der Nähe von Moskau in einem Archiv die Karteikarten von allen sowjetischen Kriegsgefangenen.

Tagesaktuell war hingegen eine Aktion der Oberschule für Vielfalt und Toleranz. Vor dem Hintergrund einer gefühlt zunehmenden Diskriminierung insbesondere von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften trugen sämtliche Lehrerinnen und Lehrer ein weißes T-Shirt mit einem darauf befestigten Pappherz in Regenbogenfarben: Ein Zeichen des Protests und der Solidarität mit allen diskriminierten Gruppen. Dazu wurde auf dem Schulhof das Lied »Die Gedanken sind frei« gespielt, welches in Zeiten politischer Unterdrückung oder Gefährdung Ausdruck für die Sehnsucht nach Freiheit und Unabhängigkeit war. Die Oberschule Ebstorf ist seit Jahren Mitglied des bundesweiten Schulnetzwerkes »Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage«, das auch als Kooperationspartner des Anne Frank Zentrums fungiert. Alle drei Aktionen sollten die Zugehörigkeit der Oberschule zum Netzwerk mit Leben füllen.«

Adresse

Oberschule Ebstorf, Fischerstraße 7, 29574 Ebstorf, www.oberschule-ebstorf.de