Interview mit dem Holocaust-Überlebenden Tswi Herschel

»Aus Liebe gaben mich meine Eltern weg«

Als jüdisches Kind überlebt Tswi Josef Herschel den Holocaust versteckt in den Niederlanden. Seine Eltern Nico und Ammy geben ihn im Alter von vier Monaten an eine christliche Familie. So schützen sie Tswi vor der antisemitischen Verfolgung der Nationalsozialisten. Die Eltern von Tswi werden im Vernichtungslager Sobibor ermordet. Erst nach dem Ende des Holocaust und des Zweiten Weltkriegs erfährt Tswi von seiner Herkunft und dem Schicksal seiner Eltern. Bis heute bewahrt er von ihnen Tagebücher, Dokumente und Fotos auf. Tswi lebt heute in Tel Mond, einer kleinen Stadt in Israel. Das Interview fand während des Corona-Lockdowns im Januar 2021 digital per Video-Gespräch statt. Die Fragen stellte Esther Rachow von Yad Vashem – Internationale Holocaust Gedenkstätte in Israel.

Um sich der Lebensgeschichte von Tswi anzunähern, empfiehlt es sich zunächst das Interview aus der Anne Frank Zeitung 2021 zu lesen. Dort findet sich auch seine Kurz-Biografie mit wichtigen Lebensdaten. Fragen zu den insgesamt sieben Video-Clips finden sich auf dem Arbeitsblatt zum Interview mit Tswi Herschel. Die Videos verfügen über anschaltbare deutsche Untertitel.

Tswi Herschels Familie vor dem Holocaust

Die Familie von Tswi Herschel lebt schon lange in Zwolle, einer Stadt in den Niederlanden. Sein Großvater betreibt dort ein Geschäft mit antiquarischen Möbeln. Im Jahr 1941 heiraten Tswis Eltern Nico und Ammy in der örtlichen Synagoge.

Suche nach Rettung

Nach der Besatzung der Niederlande durch die deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg werden nun auch dort Jüdinnen und Juden verfolgt. Die Eltern von Tswi Herschel beobachten das politische Geschehen genau und schließen sich einer zionistischen Gruppe an. Sie versuchen der antisemitischen Verfolgung zu entkommen.

Tswi Herschel bei Familie de Jongh

Den Eltern von Tswi Herschel gelingt es, ihr Kind bei der Familie de Jongh vor der antisemitischen Verfolgung der Nationalsozialisten zu verstecken. Damit sein jüdischer Name ihn nicht verrät, bekommt Tswi den Vornamen Henkie.

Leben nach dem Holocaust

Tswi Herschel erlebt als Kind die Befreiung von der deutschen Besatzung durch kanadische Soldaten. Er lebt zu diesem Zeitpunkt bei der Familie de Jongh in dem kleinen Ort Spakendorf. Später findet ihn seine Großmutter Rebecca Reindorp. Sie hat den Holocaust überlebt und nimmt Tswi zu sich.

Antisemitismus in der Nachkriegszeit

Nach dem Zweiten Weltkrieg besucht Tswi Herschel die Grundschule in den Niederlanden. Viele seiner Mitschüler*innen kommen aus Familien, die mit den deutschen Besatzern zusammengearbeitet haben (Kollaborateure). Tswi Herschel erlebt in der Schule starken Antisemitismus.

Die Tagebücher des Vaters

Tswi Herschel lebt im Alter von acht Jahren bei seiner Großmutter Rebecca Reindorp. In ihrem Bücherregal findet er die Tagebücher seines Vaters und einen Familienstammbaum. So erfährt Tswi Herschel zum ersten Mal von seinen Eltern Nico und Ammy. Sie wurden während des Holocaust im Konzentrationslager Sobibor 1943 ermordet. Seine Großmutter kann aufgrund ihrer schweren Traumatisierung nicht mit Tswi über ihre Familie sprechen.

Einwanderung nach Israel

Tswi Herschel lernt bereits als Kind seine spätere Frau in der zionistischen Jugendorganisation »Bnei Akiva« kennen. Im Jahr 1986 wandern sie zusammen nach Israel ein. Ihre Ankunft mit dem eigenen Schiff im Hafen von Tel Aviv ist für Tswi ein bewegendes Erlebnis.