Märkisches Gymnasium Hamm

Die Schule berichtet:

»Sie selbst nennt sich eine »Intensivtäterin gegen Hass«. Ihre Taten: Hassbotschaften übermalen. Ihr Werkzeug: Schaber, Nagellack und Spraydose. Die 76 Jahre alte Irmela Mensah-Schramm widmet ihren Lebensabend dem Kampf gegen Hassbotschaften. Seit dem 10. Januar 2007 hat die pensionierte Heilpädagogin nach eigenen Angaben 90.305 Hassbotschaften abgeschabt, übermalt und zur Anzeige gebracht. Deutschlandweit. 

Im Rahmen des Anne Frank Tages war Irmela Mensah-Schramm am 18. Juni 2021 zu Gast am Märkischen Gymnasium Hamm (MGH). In einer Gesprächsrunde diskutierte die Berlinerin mit den Schüler*innen des Q1-Projektkurses Geschichte und der AG »Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage« von Dr. Andrea Kolpatzik über Antisemitismus als Code. Analog und digital zugleich. Denn Corona-bedingt konnte die Kooperationsschule aus Brandenburg nur digital zugeschaltet werden: Auf Abstand und via Zoom nahmen die Schüler*innen der AG »Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage« des Humboldt-Gymnasium Eichwalde und ihr Lehrer Hendrik Küpper an der Veranstaltung teil. Ebenso wie die MGH-Schüler*innen trieb sie zunächst eine Frage um: Warum?

»Gegenhass hilft nicht gegen Hass«, erklärte Mensah-Schramm ihr Konzept. Statt mit Polemik begegnet sie braunen Parolen mit Esprit und Kreativität. Wie etwa im Jahr 2016, als sie in einem Fußgänger*innentunnel im Berliner Bezirk Zehlendorf das Pegida-Graffito »Merkel muss weg!« kurzerhand in »Merke! Hass weg!« übersprühte. Die von ihr entfernten Aufkleber hat Mensah-Schramm in der Ausstellung »Angezettelt. Antisemitische und rassistische Aufkleber von 1880 bis heute« dokumentiert. 128 Ordner umfasse ihre Sammlung bereits. Kein Wunder, dass die Ausstellung sogar im Deutschen Historischen Museum gezeigt wurde. Pointierte Botschaften sind ihr Markenzeichen. »Wer von Asylflut redet, hat Ebbe im Kopf« steht beispielsweise auf einer ihrer Reisetaschen. Mit diesen plakativen Statements dreht sie den Spieß einfach um: Nicht Antisemitismus als Code, sondern Zivilcourage und Menschenrechte.

In Dekonstruktion, Prävention und Interaktion übten sich auch die Schüler*innen aus Hamm und Eichwalde in einem gemeinsamen Workshop. Doch zuvor mussten sie die rassistischen und antisemitischen Hassbotschaften erst einmal identifizieren. Denn Mensah-Schramm weiß aus Erfahrung: »Antisemitische Hassbotschaften sind nicht immer einfach zu erkennen.« Die Zahlen »88« und »18« seien zwar die häufigste Propagandaform, die Eingang in rechtsextreme Symbole und Zeichen gefunden hätten. Doch der Kanon dieser rechtsextremen Symbole wandelte sich stetig.
Um Antisemitismus als Code ging es dann auch im Abendvortrag »Tradiert oder importiert? Antisemitismus der Gegenwart«. Dr. Juliane Wetzel vom Zentrum für Antisemitismusforschung (TU Berlin) klärte die Schüler*innen aus Hamm und Eichwalde über Formen modernen Antisemitismus auf. Dieser zeichne sich vor allem durch Rassismus, eine Täter-Opfer-Umkehr und die Trivialisierung des Holocaust aus. In Ergänzung des Workshops von Mensah-Schramm erklärte sie den Schüler*innen aktuelle Codes modernen Antisemitismus: Ratten, Kakerlaken, Kraken oder die Verwendung des Judensterns im Rahmen von Anti-Corona-Demonstrationen. Immer gehe es darum, dem Judentum größtmöglichen Einfluss und Macht zuzuschreiben. Ihr Fazit: »Antisemitismus ist kein religiöses Problem, sondern ein soziokulturelles«.«

Adresse

Märkisches Gymnasium Hamm, Wilhelm-Liebknecht-Straße 11, 59067 Hamm, www.maerkischesgymnasium.de